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Kosmische Kollision

 

 

 

 

 

 

Richtlinien zur

  • Erstellung schriftlicher Seminararbeiten
  • Bachelorarbeiten

Richtlinien zum

  • Verfassen von Masterthesen
  • Dissertationen

 

Richtlinien, Richtlinien – Universitäten, Hochschulen und akademische Lehrgänge quellen über von detaillierten Regeln für das Verfassen von Arbeiten. Sie bestimmen nicht zuletzt die Strukturen des Forschens. Wie etwa das Recherchierte darzustellen ist, wann zu interpretieren, schlusszufolgern und zu diskutieren ist.

Was im ersten Moment wie Quälerei von Studierenden ausschaut, ist – abgesehen von überformalisierten Vorgaben – eine Hilfe, das seriöse und nachvollziehbare Erkunden der Welt zu erlernen. Es geht darum, das bestätigte oder durch die Forschung zusätzlich gewonnene Wissen sachgerecht darzustellen und der Scientific Community effizient zu präsentieren.

 

Sowohl diese Vorgaben insgesamt als auch die Zitierrichtlinien haben sich im Verlauf von Wissenschaftler-Generationen im jeweiligen Fach entwickelt. Und zwar  inhaltlich fundiert begründet:

  • Es gibt Gründe, wenn Historiker eher Fußnotenzitierungen nutzen. So werden auf derselben Seite ausführliche Informationen zu den jeweils verwendeten Quellen bereitgestellt. Und Quellen sind in den Geschichtswissenschaften das Um und Auf.

  • Dagegen neigen Sozialwissenschaftler eher zu computergerechten Kurz- und Positionszitaten im laufenden Text, wie etwa den Harvard-Zitierregeln. Weil hier die Argumentationslinie als zentral angesehen wird. 

 

Diese – allerdings nur auf den ersten Blick rigiden – Richtlinien sind Ausdruck des sukzessiv angesammelten Know-hows zahlreicher Wissenschaftsgenerationen.

In diese strukturierte Welt bricht eine anders funktionierende ein: Die Welt der Tech-Giganten mit KI als brachialem Werkzeug. Aber den großen Tech-Unternehmen ist gewachsenes Know-how verdächtig. Meta, Microsoft, OpenAI, Google setzen auf „speed kills“: Urheberrechte werden ignoriert, ungeniert werden Texte, Bilder oder Stimmen geraubt.

Falls ein Aufschrei unüberhörbar wird und US- oder EU-Behörden mit Regulierungen drohen, nehmen die Tech-Unternehmen den einen oder anderen Missbrauch nach zwei, drei Jahren mit Bedauern zurück. Man habe es nicht so gemeint. Im Gegenteil, sie hätten doch immer hohe ethische Ansprüche gehabt und wollten „der Menschheit dienen“.

 

 

Was die Tech-Giganten in den letzten zwanzig Jahren mit der Innovation von sozialen Medien bewirkt oder zumindest verstärkt haben: Das soziale Auseinanderbrechen in polarisierte und zerrissene Gesellschaften. Aus einem ursprünglich für militärische Resilienz gegründeten Internet wollte man in den 1990er Jahren eine gemeinnützige Infrastruktur schaffen. Diese sollte Kommunikation für alle verbürgen und damit freien Zugang zu Wissen ermöglichen.

Heute funktioniert das Internet leider anders. Man hat den Eindruck, stündlich über den Tisch gezogen zu werden durch maßgeschneiderte Angebote, welche die eigenen Schwächen gnadenlos ausnützen. 

 

Was bringt nun die KI?

Die KI-Welt wird von denselben privaten Technik-Giganten vorangetrieben. Ethische Überlegungen spielen keine Rolle – Macht, Einfluss und Profit müssen am Ende des Tages exzeptionell sein.

Diese weitgehend ehrlose Welt der Tech-Giganten bricht jetzt in die respektable Welt der wissensgenerierenden Institutionen ein. Aus wissenschaftlicher Sicht erleben wir einen derart fundamentale Kollision, wie sie sich in unserem Sonnensystem vor viereinhalb Milliarden Jahren abgespielt hatte:

Die Proto-Erde soll nach der Theia-Hypothese mit einem etwas kleineren Planeten (eben namens Theia) kollidiert sein. Die zahllosen heißen Gesteinstrümmer dieses katastrophalen Ereignisses zogen in einer Bahn rund um die Erde, kondensierten und bildeten den Mond. Es gibt Gutes im Schlechten: Der Mond übte über die Jahrmilliarden einen stabilisierenden Einfluss auf die Bewegung der Erde aus, sodass sich Leben bilden und entwickeln konnte. 

Gehen wir ähnlichen Zeiten entgegen? Zuerst die Kollision der KI-Welt mit der wissenschaftlichen Welt samt Zerstörung zentraler Forschungstraditionen – aber könnte später eine Stabilisierung einsetzen?

Wenn ja, wird die Forschungs- und Wissenswelt in vielen Teilen anders funktionieren als bisher. Wir gehen spannenden Zeiten entgegen.

 

27. Mai 2024