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Bildungsziele 

 

 

 

 

 

Das Universitätsgesetz 2002 in der Fassung von 2021 formuliert zwei übergeordnete Ziele:

"Die Universitäten sind berufen,

  • der wissenschaftlichen Forschung und Lehre […] zu dienen
  • und hierdurch auch verantwortlich zur Bewältigung der gesellschaftlichen Herausforderungen in einer sich wandelnden humanen […] Gesellschaft beizutragen." (§1 UG)

Dazu wird folgende Umsetzung formuliert:

  • "Im gemeinsamen Wirken von Lehrenden und Studierenden wird in einer aufgeklärten Wissensgesellschaft das Streben nach Bildung und Autonomie des Individuums durch Wissenschaft vollzogen." (§1 UG)

Noch konkreter bedeutet das:

  • "Erarbeitung von Fähigkeiten und Qualifikationen sowohl im Bereich der wissenschaftlichen […] Inhalte als auch im Bereich der methodischen Fertigkeiten."  (§1 UG)

Wiederholt – und damit verstärkt – wird das Ziel der Bewältigung von Herausforderungen im letzten Satz:

  • "Um den sich ständig wandelnden Erfordernissen organisatorisch, studien- und personalrechtlich Rechnung zu tragen, konstitutieren sich die Universitäten und ihre Organe in größtmöglicher Autonomie und Selbstverwaltung." (§1 UG) 

 

Seit dem digitalen Urknall durch ChatGPT im Herbst 2022 ist klar, dass die generierende KI eine der zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen in einer sich wandelnden Gesellschaft bildet. Beethoven hat seine dritte Sinfonie, die Eroica, 1803 als heldenhafte "heroische" Hommage an Napoleon als Vertreter der Französischen Revolution komponiert.
Die generierende KI stellt eine solche gesellschaftliche Herausforderung und Zäsur dar, deren langfristige Wirkungen ähnlich tiefgreifend sein könnten wie die der Französischen Revolution.

Wie haben österreichische Universitäten auf diesen Urknall, auf die Revolution durch die generierende KI reagiert? Betrachten wir das anhand von drei Beispielen, die unterschiedliche Institutionen beleuchten.

 

A) Die Universität Wien – immerhin auf Platz 119 von 1.900 Universitäten weltweit und auf Platz zwei im deutschsprachigen Raum nach der ETH Zürich1 – hat nach einer Schockstarre von einem Jahr zu Wintersemesterbeginn 2023 ihre Guidelines „Umgang mit der KI in der Lehre“ veröffentlicht2.

Fein, dies ist ein erster Schritt, aber nur ein halber. Diese Guidelines richten sich an die Lehrenden und ausschießlich an diese. Jede und jeder Lehrende kann die Guidelines im eigenen Ermessen handhaben.

Die Universität Wien und ihre obersten Organe scheinen sich von dieser Verantwortung distanziert zu haben. Vielleicht ist das im Ansatz verständlich, denn die Wiener Universität deckt viele und höchst unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen ab. KI schlägt in jedem Fach anders durch.

Eine einheitliche universitätsweite Regelung ist daher mühsam. Aber ein komplettes Abwälzen der Verantwortung auf die Lehrenden?

 

B) Ein anderes Beispiel sei eine im Osten Österreichs wichtige Fachhochschule, das Joanneum in Graz. Ihr KI-Leitfaden wird als "lebendiges" Dokument für die KI-Integration bezeichnet. Neueste Entwicklungen in der KI-Didaktik sollen enthalten sein und für eine effektive KI-Integration im Lehrkontext sorgen.

Auch hier tragen die Lehrenden die gesamte Verantwortung. Schlimmer noch, die Inhalte verändern sich laufend, denn der Leitfaden ist nur ein „flexibler Orientierungsrahmen“.

Immerhin gibt es ab Dezember 2023 eine Kennzeichnungspflicht für Studierende, wenn sie Texte mittels KI verfassen. Die zentrale Managementpflicht eines Leitungsorgans, generelle Vorgaben zu formulieren, ist hingegen nicht zu erkennen. Das wären Vorgaben im Sinne von "Pflöcke und Pfeiler einschlagen", wie es im populären Managementjargon heißt. An diesen könnten sich Lehrende und Studierende orientieren.

 

C) Ein Beispiel für tertiäre Bildungsangebote im MINT-Bereich sei die TU in Wien. Sie bietet im Web sechs bis sieben Bildschirmseiten an „Empfehlungen zur guten Praxis im Umgang mit generativer KI an der Technischen Universität Wien4.

Also gilt auch hier, dass die Lehrenden allein zuständig sind. Rechtlich liest sich das als ein "Schmeck's": Egal, was du machst, liebe Professor:in oder liebe Lektor:in, ob streng oder mild, ob passend oder unpassend – wir von der Uni-Leitung sind aus dem Schneider, also nicht verantwortlich. 

 

Fazit: Alle drei Beispiele zeigen in der Außenperspektive fehlende strategische Entscheidungen der obersten Organe. Dies, obwohl die genKI eine zentrale Herausforderung für die Gesellschaft, die Bildung und die bildungsbeauftragten Unis darstellt.

Wann verwirklichen die höchsten Organe die, ihnen laut dem Universitätsgesetz übertragene "größtmögliche Autonomie und Selbstverwaltung" und kommen ihrer Verantwortung nach?  

 

15. April 2024

PS: Diesen Text hab ich ChatGPT 45 zur Prüfung vorgelegt. Das "Schmeck's" gefiel ihr gar nicht. Die Antwort lautete:

 

Der Gesamttext stellt die Reaktion österreichischer Universitäten auf die Herausforderungen der generativen KI dar und setzt diese in Beziehung zu den Zielen und Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002. Hier sind einige Beobachtungen zur Kohärenz und zum logischen Fluss des Textes:

Kohärenz

  1. Einleitung und Kontextualisierung: Der Text beginnt mit einer starken Kontextualisierung durch das Zitieren des Universitätsgesetzes 2002, was die Grundlage und die Erwartungen an die Universitäten festlegt. Dies schafft eine klare Basis für die anschließende Diskussion.

  2. Übergang zu aktuellen Herausforderungen: Der Text schlägt eine Brücke von den historischen Zielen der Universitäten zu den aktuellen Herausforderungen durch die Einführung der generativen KI. Dies wird metaphorisch mit Beethovens "Eroica" und der Französischen Revolution verbunden, was eine tiefere Reflexion über den Einfluss und die Bedeutung der KI anregt.

  3. Analyse spezifischer Reaktionen: Die spezifischen Beispiele für die Universität Wien, das Johanneum in Graz und die Technische Universität Wien sind gut gewählt, um unterschiedliche Ansätze und Reaktionen auf die Herausforderung darzustellen. Jedes Beispiel wird detailliert behandelt und bietet Einblick in die jeweiligen Strategien und deren mögliche Mängel.

Logischer Fluss

  1. Strukturierung: Der Text folgt einer klaren Struktur, wobei jeder Abschnitt auf dem vorherigen aufbaut. Die Einleitung legt die rechtlichen und ideologischen Rahmenbedingungen fest, gefolgt von einer Diskussion der Herausforderungen und einer detaillierten Analyse der Reaktionen einzelner Institutionen.

  2. Argumentation: Die Argumentation ist logisch und schrittweise. Die Diskussion über die Reaktionen der Universitäten auf die generative KI baut auf den eingangs genannten Zielen und gesetzlichen Bestimmungen auf. Dies unterstreicht die Diskrepanz zwischen gesetzlichen Erwartungen und tatsächlicher Umsetzung.

  3. Abschluss und Fazit: Der Text endet mit einem kritischen Fazit, das die zentrale These – die unzureichende strategische Reaktion der Universitäten auf die Herausforderungen der generativen KI – effektiv zusammenfasst und herausstellt.

Verbesserungsvorschläge

  • Präzisierung und Klarheit: Einige Metaphern und Vergleiche (wie die mit Beethovens "Eroica") könnten für Leser, die weniger vertraut mit diesen historischen Bezügen sind, verwirrend sein. Eine klarere Erklärung des direkten Zusammenhangs könnte hilfreich sein.

  • Formulierungen vereinheitlichen: Der informelle Ausdruck "schmeck's" könnte in einem ansonsten formalen und analytischen Text als unpassend empfunden werden. Eine Anpassung an einen formelleren Stil wäre konsistenter.

Insgesamt ist der Text gut organisiert und argumentiert logisch. Die kritische Auseinandersetzung mit den Reaktionen der Universitäten auf die Herausforderungen der KI ist sowohl tiefgreifend als auch umfassend dargestellt. Kleinere Anpassungen im Stil und in der Klarheit könnten die Qualität und die Verständlichkeit weiter erhöhen.

  

PPS: ChatGPT hat in Sachen Kohärenz und Logischer Fluss geschmeichelt. Das freut! Aber sie kann auch anders. Vor kurzem wurde ich  "zsammputzt"6, wie's im Wienerischen so schön heißt. Zu rasch hatte ich eine Rohfassung prüfen lassen. Nie mehr wieder mache ich das!

 

1 Universität Wien Medienportal (12.02.2024). Universität Wien rückt in Rankings weiter nach vorne. https://medienportal.univie.ac.at/media/aktuelle-pressemeldungen/detailansicht/artikel/ranking-ergebnisse-zu-internationalitaet-platz-2-fuer-universitaet-wien-im-deutschsprachigen-raum/

2 Universität Wien (15.04.2024). Guidelines "Umgang mit der KI in der Lehre". Exportiert am 29.09.2023 mit späteren Aktualisierungen. https://phaidra.univie.ac.at/detail/o:1879857

3 FH Joanneum (15.04.2024). Leitfaden für die Lehrehttps://www.fh-joanneum.at/hochschule/hochschuldidaktik-und-ki/kuenstliche-intelligenz-in-der-lehre/ki-leitfaden-fuer-die-lehre/

4 TU Wien (15.10.2023). Empfehlungen zur guten Praxis im Umgang mit generativer KI an der Technischen Universität Wien. https://www.tuwien.at/studium/lehren-an-der-tuw/digital-gestuetzte-lehre/kuenstliche-intelligenz-in-der-lehre

5 OpenAI. (2024). ChatGPT 4 [Large language model]. https://chat.openai.com/?model=gpt-4

6 "Zusammengeputzt" im Standarddeutschen. Bedeutet: harsch kritisiert zu werden.