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Wie Hochschulen mit KI überfordert sind –
und warum ihre Regeln scheitern

 

 

„Schluss mit absurden KI-Regeln!“1 – dieses Statement von Doris Wessels, Professorin für Wirtschaftsinformatik, schlägt Wellen in netzbasierten Medien2. Wessels berichtet von einem AbsurdKIstan an Hochschulen. Seltsame Regeln für den Einsatz von Chatbots lassen vermuten, dass nicht wenige Hochschulen überfordert sind, selbst mehr als zwei Jahre nach ChatGPT-Einführung.

KI-Nutzung erschüttert das Bildungssystem. Massenhaft und unreflektiert werden Inhalte übernommen, hierzu wurde ein eigener Begriff erfunden: der AI-Giarismus, vermutlich entstanden als Ableitung und Pendant zum Plagiarismus. Betroffen sind beide involvierten Akteure: Studierende und Hochschulen.

Die Unehrlichkeit (Faulheit?) der Studenten trifft auf die mangelnde Bereitschaft der Hochschulen, fundiert und effektiv damit umzugehen. Kein Wunder, dass dies entsprechende Diskussionen in internationalen Konferenzen befeuert3. Wie einfach war der gute alte Plagiarismus.

 

Hilflosigkeit

Hochschulen schwanken zwischen KI-Verboten und veralteten Regeln, etwa dem Zitieren des Urhebers einer Aussage. Und deshalb sollen nun KI-Programmierer zitiert werden, so eine Hochschule laut Wessels. 

Sind KI-Programmierer die Urheber? Soll der Programmierer als Quelle zitiert werden? Nein, sie schreiben die Texte ja nicht. Sie stoßen vielmehr die KI an, verbale Splitter aufgrund statistischer Beziehungen zwischen abstrakten Kategorien zu jonglieren.

Inadäquate Regeln zeugen von Hilflosigkeit. In der realen Welt stößen Zitierende sofort auf die Barriere, dass die Programmierer unbekannt sind. Ist dann ersatzweise Sam Altmann zu nennen, weil er der CEO von OpenAI ist? Unbrauchbare KI-Regeln zeigen, dass klassische Zitierregeln versagen. Gefragt ist eine intelligente Anpassung. Wäre dies nicht gerade von „Hoch“-Schulen und Universitäten zu erwarten? Wo, wenn nicht hier?

 

Angriff auf das Zitieren, ein Fundament der Wissenschaft

Seit mehreren Jahrhunderten verlangt die Wissenschaft exakte Quellenangaben. KI-Regeln, die auf diesen Vorgaben fußen, offenbaren ein zentrales Warum des Zitierens: Die Wurzel eines Gedankens oder Konzeptes soll lokalisiert werden.

Die kontextuell mitschwingende Gedanken- und Erfahrungswelt des Autors kann erkundet und nachverfolgt werden. Wir erkennen unzureichende Schlussfolgerungen oder implizit getroffene Annahmen. Aussagen können so von der wissenschaftlichen Community relativiert werden. Dadurch steigt der Wahrheitsgehalt eines Gedankens oder Konzepts.

Wir bauen durch Zitieren gesicherte Gedanken- und Ideennetze auf, ohne jedesmal neu bei Adam und Eva anzufangen. Genau das passiert, wenn man die KI unkontrolliert einsetzt. Ein Zurückfallen in eine Zeit, wo alles Geschriebene per se heilig war. Was damals wie heute Konsequenzen hat:

Gefangen im Nebel überzeugend klingender Sätze wissen wir nun nicht, was wahr ist oder nur gut erdichtet.

23. Februar 2025

 

Blockierendes Geröll in unübersichtlicher Lavahöhle auf Lanzarote

 

1 Wessels, D. (16.01.2025). Die Zeit. Die Position: Schluss mit absurden KI-Regeln!  https://www.zeit.de/2025/03/kuenstliche-intelligenz-studium-hochschulen-regeln.

2 Europa One AI News (16.01.2025). Artificial Intelligence in Higher Education:  Ending Absurd AI Rules in German Universities. Criticism of AI Policies in Higher Education. https://oneainews.com/kunstliche-intelligenz-im-studium-ending-absurd-ai-rules-in-german-universities/

3 Mironova, L./Riashchenko, V. et al. (2024). Ethical Concerns in Using of Generative Tools in Higher Education: Cross - Country Study. Environment. Technology. Resources. Rezekne, Latvia. Proceedings of the 15th International Scientific and Practical Conference. Volume II, 444-447, https://vb.kvk.lt/object/elaba:200959443/