Atmen und hauchen, Schwung haben, Leben ausstrahlen, das bezeichnet das Wort Spirit, das sich vom vom lateinischen spiritus oder dem italienischen spirare ableitet1

Wer Brennspiritus ins Feuer gießt, wird heftige Flammen erzeugen und sich daran vermutlich verbrennen. Und wehe, ein Feuer bricht aus in einer Tankstelle für Benzin (Sprit in der Umgangssprache), dann wird sich dieser Ort in eine heiße Hölle wandeln.

Die Sprache des Alltags zeigt, was für Energie im spirit steckt. Viele geben sich derzeit als spirituell aus, gläubig oder fromm zu sein, ist nicht mehr in. Was enthält diese Wortfamilie, dass viele Menschen meinen, darin Orientierung und Sinn zu finden?

 

Wie wird man spirituell, ohne Zuflucht zu suchen in magischen Praktiken auf Esoterik-Messen. Theologen haben in den letzten drei Jahrhunderten diese Wortfamilie besetzt. In den einfachen Texten und Predigten fürs Volk taucht ein Heiliger Geist auf, den man sich auch gut vorstellen kann.

In den anspruchsvollen theologischen Texten dagegen wird von der Abstraktheit einer kirchlichen Institution gesprochen. Da steht man als Nicht-Theologe wieder mit leeren Händen da (die Theologen vielleicht auch, ohne es zu wissen?).

 

 

Beides verweist auf ein 'Mehr', schwer fassbar, es gleicht dem Wind und strahlt dennoch Leben aus, erzeugt Begeisterung erzeugt und macht Mut. Ein Blick über die eigene Nase hinaus - auf der Suche nach dem Mehr - wird auf Zimmerpflanzen fallen, die Katze oder den Hund. Der Blick erhascht Vögel an den Futterstellen oder Krähen, die über die Häuser und Felder ziehen.

 

Wenn man sich vor Augen führt, dass Krähen Spass verstehen, Delphine einander mit ihren Namen anrufen und Insekten nach neuer Forschung sogar Emotionen (wie Angst) haben, wird das Mehr, der uns umgebende Spirit sichtbar. Daher raus aus den künstlichen Höhlen, gehen wir waldbaden, riechen wir Pilze im Sommer nach dem Regen und sehen Bäume als Lebewesen! Dieser Spirit wird uns umfassender und strahlender leben lassen.

 

Reinhard Neumeier, Jänner 2018

 

1 Dizionario Etimologico, 2012, Rusconi Libri; Großwörterbuch Italienisch, 2009, Pons, Der kleine Stowasser, 1987, Hölder-Pichler-Tempsky