Der Kosmos erzeugte uns, wir sind seine Kinder. So das Fazit vorheriger Beiträge. Doch bringt uns diese Erkenntnis etwas? Doch! Um einen wichtigen zu nennen, die zehn von elf Menschen trifft:
84 % der Menschen1 verehren einen oder mehrere Götter, unterwerfen sich Priestern und Imamen für ein illusionistisches Jenseits oder halten sich in einem kreisenden Lebens-und-Todesrad von Wiedergeburt und Inkarnation gefangen. Stand 2010.
16 % aller Menschen1 sehen sich als weltliche Humanisten, sind agnostisch oder atheistisch. Sie haben durch Glück oder eigene Anstrengung eingebildete Ketten abgeworfen. Sie sind frei.. Nichtreligiöse sind die viertgrößte 'Religions'-Gruppe weltweit. Ihr Anteil wird prognostiziert auf 13% im Jahr 2050 sinken
Dass nicht das Paradies oder heilige Quellen im Himalaya der Anfang des Menschen, sondern die Erde und das uns umgebenden All unsere erste Heimat ist, beschädigt eine Hauptwurzel von Religion. Die üblich mythische Geschichte vom Anfang begründet die behauptete Sonderstellung jeder Religion.
Als heilig angesehene Schriften und Überlieferungen berichten vom Grund des menschlichen Daseins. Sie schildern den Uranfang und folgern, warum ihr Stamm, ihr Volk auserwählt worden ist. Genesis-Erzählungen erklären, weshalb wir Menschen jetzt so sind, wie wir sind, gut oder böse und mit Glück für etwas Besseres vorgesehen.
Eine böse Tat, die ein erster Mensch (aus Priestersicht der letzten 10.000 Jahren am besten eine Frau) gemacht haben soll, wird den Gläubigen vorgesagt. Oder das Karma, die Gesamtheit aller Taten, die ein Mensch in seinen Vorleben getan haben soll, bildet ein Geschirr, um erwachsene Menschen im fernen Osten (oder als esoterischer Import) zu willfährigen Ochsen zu machen.
Religionen erzählen von Geburten fertiger Menschen, emporsteigend aus Sümpfen oder Quellen. Mythen berichten von tiefen Felshöhlen in hohen Bergen, wo Riesinnen Menschlein gebären. Erste Menschen werden innert eines Tages aus Lehm geformt. Besondere Menschen entspringen gleich dem Kopf eines Gottes. Evolution hingegen beschreibt das langsame, aber dynamische Entstehen von Lebewesen, startend mit winzigsten Erstwesen vor unvorstellbar fernen Zeiten.
Die beiden gegensätzlichen Erzählstrukturen (Evolution bzw. Schöpfung) sind in der Existenzphilosophie in zwei Begriffen vorzufinden: Existenz und Essenz. Der wichtigste existenzphilosophische Satz: Existenz geht vor Essenz. Was geworden ist (Existenz) ist vorrangig vor dem, was ist, der Idee des Menschen (Essenz). Existenzphilosophen beteuern, dass zuerst etwas entstehen muss, um es überhaupt erkennen zu können.
Theologen starten andersrum. Sie beginnen mit der Essenz (ja müssen damit beginnen, es geht aufgrund der Grundstruktur von Glauben nicht anders): Peng, da sind die Pflanzen. Peng, a sind die Tiere. Peng, da ist der Mensch. Zuerst wird die Essenz, (die Pflanze, das Tier, der Mensch) vom höheren Wesen auf die Erde geworfen. Dann und erst dann darf Adam existieren. Er darf staunen, im eben geschaffenen Paradies herumgehen, Früchte kosten und das Weib begehren, das noch geschwind geschaffen wurde, denn das höhere Wesen hatte sie vergessen.
Adam und Eva existieren nun. Aber am Lebens erfreuen dürfen sie sich nur, wenn sie brav und artig sind und jede religiöse Vorschriften einhalten und seien sie noch so unsinnig. Kaum essen Adam und Eva vom Baum des Lebens - Peng – draußen liegen sie. Und Peng – alle anderen (unbeteiligten) nachkommenden Menschen haben die Erbsünde, einen Rucksack voller Schuld umgeschnallt!
In existenzphilosophischen Worten heißt das: Theologische Essenz führt zu gedrückter Existenz. In Sachen Leben gucken Gläubige auf ein kleines Schwarzweiß-TV-Gerät anstelle des möglichen färbigen Flachbildschirmes.
Reinhard Neumeier, Juli 2013
1 Statista [09.12.2023]: