Durchschummeln (c)
Bedroht KI die Universität in der Existenz?
Das Ende der Hochschulbildung auszurufen, wäre verfrüht. Seit über tausend Jahren erweisen sich Universitäten als widerstandsfähig und anpassungsfähig. Schon in den 2010er-Jahren glaubten viele, die Massive Open Online Courses (MOOCs) würden das Präsenzstudium überflüssig machen.
Was wir aus der MOOC-Welle gelernt haben
Video-Vorlesungen, die Millionen von Studierenden kostenlos oder günstig erreichten, galten als revolutionär. Doch der Erfolg blieb begrenzt: Nur wenige schlossen die Kurse ab, legten Prüfungen ab oder erwarben einen akademischen Grad. Das Format zeigte Schwächen. Als Ergänzung geeignet, aber für eigenständiges, nachhaltiges Lernen fehlt der persönliche Austausch. Wer allein vor dem Bildschirm sitzt, verliert leicht die Motivation.
Bildung als Ware: Eine offene Flanke
Künstliche Intelligenz trifft die Hochschulen an einer Schwachstelle, die sich in den vergangenen 30 Jahren aufgebaut hatte: Bildung wird neoliberal zunehmend als Dienstleistung verstanden. Studierende werden als Kunden gesehen und nicht als zu bildende Staatsbürger, die anschließend die Gesellschaft bereichern.
In dieser Logik ist Bildung für Studenten eine Investition ins eigene ökonomische Fortkommen. Man liefert fertiggestellte Aufgaben ab und bekommt standardisierte Abschlüsse. Doch es gilt: Wenn KI auf Zuruf Inhalte liefert, ist der Verlust intellektueller Tiefe unvermeidbar.
Zwei Wege in die Zukunft: Verfall oder Erneuerung
KI könnte diese Entwicklung beschleunigen. Bereits kursieren „cheat sheets“ – Listen mächtiger KI-Prompts, die Aufgaben schnell zu lösen versprechen. Die Gefahr: Lernen verkommt zur hochstaplerischen Scheinleistung.
Doch es gibt auch die andere Möglichkeit: KI als Tutor und Sparringspartner. Systeme wie OneTutor (entwickelt an der TU München)1 erlauben individuelles Lernen. Chatbots decken Wissenslücken (das Know-that) auf und regen zur Vertiefung an. Richtig eingesetzt, können KI-gestützte Dialoge helfen, Inhalte wirklich zu verstehen.
Der Lernweg bleibt mühsam. Nur durch eigenes Ringen entsteht nachhaltiges Wissen. In dieser Logik unterstützt KI die Entwicklung von Medienkompetenz und Selbstorganisation (dem Know-how). Das wiederum ist am gegenwärtigen Arbeitsmarkt sehr gefragt. Auf diese Weise hätten die Universitäten einen Hebel in der Hand, ein Ort breiter intellektueller Entwicklung und geistiger Reifung zu bleiben. Die ist allerdings nur im Rahmen von strikten Regeln realistisch.
Was Hochschulen jetzt tun sollten
Der Schlüssel liegt in klaren Regeln, die auch exekutiert werden. Universitäten müssen den verantwortungsvollen Umgang mit den neuen Technologien lehren und selbst vorleben. Wer KI klug einbindet, kann die Qualität der Bildung steigern. Wer sich treiben lässt, riskiert Substanzverlust.
23. Juni 2025
1 Onetutor (23.06.2025). Study smarter with {1} One Tutor. https://onetutor.ai/