Wir leben jetzt in allen Zeitaltern gleichzeitig: im biblischen Altertum, im hexenverbrennenden Mittelalter und im 21. Jahrhundert. Während den westlichen Männern der Boden unter den Füßen wegbricht, bringen archaiisch denkende Männer ihre Frauen um: 

  1. Witwen verhungern, weil sie von der eigenen Familie ausgestoßen wurden

  2. Weibliche Föten werden abgetrieben

  3. Junge Mädchen werden vergewaltigt und am Baum aufgehängt

  4. Ehefrauen werden mit Benzin übergossen und angezündet.

All das summiert sich auf mehr als 2 Millionen ermordete Frauen allein in Indien!*) Dort wütet der mörderische Homo barbaricus ohne Hemmungen. Aber auch in China und Afrika südlich der Sahara ist das Leben für Frauen gefährlich. Das gleiche galt für die USA vor 120 Jahren: die Frau war des Mannes Untertan und starb früh. Kein Wunder, die christlich-jüdische Bibel hat es verkündet: Die biblische Frau ist eine Sache, wie die Feldhacke oder die Ziege im Stall.

Bist du weiblich, bist du nichts wert. Deshalb vernachlässigt Indien seine Töchter. Mütter gehen mit der kranken Tochter nicht zum Arzt, geben dem wohlgenährten Sohn die doppelte Essensportion und schweigen beschämt, wenn der Schwiegersohn die eigene Tochter angezündet hatte, weil der Brautpreis nur teilweise bezahlt wurde. 

 

Menschenbilder sind gefährlich, brandgefährlich im wahrsten Sinn des Wortes! Denn sie geben vor, wie Menschen andere sehen und behandeln sollen. Sie sagen, wann etwas moralisch geboten oder verboten ist. Menschenbilder sind Herzensangelegenheiten der Religionen. Und wie tödlich Religion wirken kann, zeigten die letzten zweitausend Jahre. 

 

   

Menschenbilder sind auch Kernthemen der Philosophie. Doch was bewirken Gedanken von Philosophen oder einzelgängerischen Spinnern? Auch sie werden bisweilen tödlich. Philosophische Ideen setzen 100 Jahre später ganze Weltregionen in Brand, auch wenn die Ideen häufig verändert und missbraucht wurden. Fichte, Marx und Engels sind bekannte Beispiele hierfür.

 

Lebenspraktisch taucht sofort die Frage auf: Wie schützt man sich und andere vor so schrecklichen Menschenbildern? Oder medizinisch formuliert: wie bleibt man immun? Und wenn Menschen schon damit infiziert wurden, wie kann man sie wieder loswerden, wie Menschen heilen?

Dies ist eine riesige Aufgabe, weil jede Änderung des Bildes von sich und der Umwelt fast immer die Aufgabe eines Teiles der eigenen Identität bedeutet. Und auch weil Menschenbilder emotional tief verwurzelt und daher durch Vernunft allein nicht mehr zugänglich sind. 

Reinhard Neumeier, Juni 2014

 

*) Siwan Anderson (Wirtschaftsprofessorin an der Universität von British Columbia), Debraj Ray (Entwicklungsökonom): Laut ihren Vergleichen der Bevölkerungszahlen von Frauen und Männern in den Industrie- und Entwicklungsländern fehlten in Indien 35 Millionen Frauen. Pro Jahr verschwinden mehr als 2 Millionen Frauen aus den Statistiken.